Besonderheiten

Wir stellen in dieser Rubrik von Zeit zu Zeit Besonderheiten aus unserer Vereinsbibliothek vor.

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Aktueller Beitrag (Nr. 8 - Sommer 2025)
von J. R.

Der Stadt Hamburg Anno 1685. Neu revidirte Feuer=Ordnung/Wornach Dero Bürgere/Einwohnere/Unterthanen und Jedermänniglich daselbst in begebenen Feuersnöthen/welches Gott abwenden wolle/sich richten und verhalten sollen. Gedruckt bey Georg Rebenlein/E.E. Rahts Buchdrucker/Anno 1685. (IV.3.b.51)

Wie wichtig das richtige Verhalten, das sofortige Eingreifen und die Prävention von Feuern für Gebäude und Menschen ist, zeigte sich in Hamburg schon vor Jahrhunderten. Nach einem der ersten großen Brände von 1284, dauerte es noch 180 Jahre bis die erste Brandschutzordnung 1462 erstellt wurde, nachdem in dem Jahr rund 30 Häuser niedergebrannt waren. Die nächste wurde 1529 veröffentlicht, die folgende weitere 100 Jahre später, in 1626. Und weitere 60 Jahre später erschien die Ordnung, welche in der Bibliothek aufbewahrt wird. Die damalige Bauweise war ein Hauptgrund für Feuerkatastrophen. In den Fachwerkhäusern mit ihren Strohdächern und offenen Herdstellen hatte schon ein geringer Funkenflug gefährliche Folgen. Doch auch Blitzschlag, Unvorsichtigkeit, Fahrlässigkeit, Explosion oder Brandstiftung endeten oft in flammendem Inferno. Feuerleger wurden mit dem Tod bestraft. Fast jedes Jahr wurden katastrophale Feuer gemeldet. Da in früheren Zeiten verheerende Brände häufig große Teile von Siedlungen oder Städten verwüsteten und Tiere und Menschen töteten, wurden immer wieder Vorschriften erlassen, welche genau das eindämmen bzw. verhindern und das Verhalten der Einwohner bei Feuergefahr regeln sollten. So auch in Hamburg. Ein Beispiel ist die Feuerlöschordnung der Stadt von Ende des 17. Jahrhunderts, eine kleine Auswahl der Anweisungen illustriert das Anliegen der Stadtväter. Zwar wurden immer wieder Anleitungen veröffentlicht, wie mit solchen Katastrophen umzugehen sei, doch wurden sie offenbar nicht immer befolgt: `Bezeuget auch beyder bey entstandenen Feuers=Brünsten die Erfahrung/daß sothaner Feuer-Ordnung wenig nachgelebet und also höchstnötig/daß solche zu beserer Execution gebracht werde.‘ Daher werden die Bewohner ermahnt, mit Gebeten das Allerschlimmste abzuwenden: `Zuvörderst ist GOTT der Allmächtige von Hertzen anzuruffen und zu bitten/daß Er diese gute Stadt für aller Noht und Gefahr […] abwenden wolle.‘ (1) Es hatte sich bewährt, dass jeder Haushalt gut gerüstet ist: `Als ist für gut angesehen/daß/ein jeglicher Einwohner […] Sechs Lederne Eymer und zwey Wasser=Sprützen […] haben sollen.‘ (1) Wichtig war auch, den Weg des Rauches aus dem Haus hinaus frei zu halten und Rußablagerungen und andere Rückstände zu entfernen: `Ein jeder Bürger und Einwohner soll seine Schorsteine [sic] reinigen lassen.‘ (5) Bei einem Schornsteinbrand könnte durch Überhitzung, auflodernde Flammen und umher fliegende Glut die unmittelbare Umgebung eines Hauses gefährdet sein. In Hamburg gab es seit dem 13. Jahrhundert mehrere Hundert Brauereien, ein wichtiges Geschäftsfeld für die Stadt bis ins späte 17. Jahrhundert, wobei die größten Biermengen im 14. Jahrhundert produziert wurden. Preisgünstig und kalorienreich war es ein wichtiger Bestandteil der Ernährung als Getränk und in Speisen. Daher war es höchst wichtig, größte Vorsicht walten zu lassen, um Brandgefahr bei den Brauvorgängen abzuwenden: `Derowegen sollen auch die Brauer-Knechte die Zeit über/so lange das Mailz gedröget wird/eine Tonne voll Wassers/stets bey der Dahren stehen haben. `(10) Da bei der Verarbeitung während des Maischens große Hitze entsteht, ist es unabdinglich, dass ausreichend Wasser zum Löschen bereitsteht. Weibliche Wesen sollten sich zurückhalten: `Es sollen sich in solchen Zeiten keine Frauen/Weiber/Mägde oder Jungen auff der Gassen finden lassen.‘ (28) Alle die keine Einwohner waren, durften sich nicht innerhalb der Stadt aufhalten: `Außländische oder andere frembde Leute und Gäste/sie seyn auch wer sie wollen […] sollen bey Leibes Straffe auff die Gassen oder Wälle dieser Stadt nicht kommen.‘ (29) Es war darauf zu achten, dass die Leute für ihren Einsatz eine entsprechende Entlohnung erhielten; diejenigen jedoch, die nichts beigetragen hatten, entsprechend bestraft wurden: `Damit auch ein getreuer Arbeiter für seine geleistete Hülfe […] eine billigmäßige Belohnung hinwieder zu erwarten haben möge […] selbige/welche […] nach befindung ehrlich belohnen/und die Herren Gerichtsverwaltere die ausgebliebene ernstlich bestraffen.´ (38) Die Stadt äußert sich am Ende hoffnungsvoll: `Dieses nun hat man umb besser Ordnung willen absonderlich zu publiciren nöthig erachtet/doch dergestalt/daß nichts destoweniger die Wacht Ordnung in ihrem völligen vigore gelassen/und derselben hierdurch nichts benommen werde.‘ (41) Die Feuerordnung wird ergänzt durch die anschließende `Revidirte General Feur=Cassa Ordnung‘ vom selben Jahr. Diese Schadenversicherung gab es seit 1676. Zur Feuerkasse müssen auch Beiträge geleistet werden: `Sollen auch die Interessenten, zu Unterhaltung der gemeinen Cassa alle Jahr von jeden eingezeichneten 1000. Marck nur acht Schillinge einzubringen schuldig seyn.‘ (3) Die Kasse übernimmt die Bestattungskosten: `Würde auch derogleichen Todes=Fall einen jungen Gesellen treffen/soll demselben nicht mehr als eine ehrliche Begräbniß aus einer Cämerey gegeben werden.‘ (13) Diejenigen, welche bei Feuer sofort zur Stelle waren, sind entsprechend zu entlohnen: `Schließlich ist auch beliebet/daß die in der Ordnung specificirte Personen sich bey entstandener Feurs=Brunst zu rechter Zeit eingefunden/und treu=redlich geholffen/aus der Cämerey/nach Befindung/gebührlich sollen belohnet werden.´ (16) Ungeachtet der Verordnungen kam es ständig zu Feuerausbrüchen. Der schlimmste in der Geschichte Hamburgs allerdings war das mehrtätige Flammenmeer von Mai 1842. Die dichte Bebauung mit Fachwerkhäusern, enge Straßen, welche Löschtrupps behinderten, und die wegen andauernder Trockenheit wasserlosen Fleete und aufkommender Wind trugen zu der gewaltigen Katastrophe bei. Der Großeinsatz von über 1000 Spritzenleuten und der Abriss einer Reihe von Gebäuden konnten das erschreckende Ausmaß des Unglücks nicht verhindern. Eine Neugestaltung der Bebauung und eine Reform des Löschwesens waren erforderlich. Nach jahrelangen Diskussionen wurde im November 1872 die Berufsfeuerwehr Hamburgs ins Leben gerufen, rund 600 Jahre nach den ersten großen Bränden in der Stadt. Eine reich bebilderte und ausführliche Veröffentlichung der Feuerwehr-Historiker (A.IV.3.b./020) bietet eine lesenswerte Übersicht über die Entwicklung der Brandbekämpfung, in welcher auch die Regelungen von 1685 Erwähnung finden. — Ergänzend dazu sind diese Titel in der Bibliothek zu finden: Niemann, Klaus. 100 Jahre Freiwillige Feuerwehr in Volksdorf. Das Feuerlöschwesen in Hamburg. Eine Chronik der Ereignisse von 1894 – 1994. Förderverein Freiwillige Feuerwehr, Hamburg 1994 A.II.4.e / 051 Hamburger Feuerwehr-Historiker e.V., Das hamburgische Feuer-Löschwesen von den Anfängen bis zur Gründung der Berufsfeuerwehr 1872. Selbstverlag, Hamburg 2007 A.IV.3.b. / 020 Feuerlöschordnung für den 2ten Löschdistrict im Gebiet der Geestlande. Instructionen für die Löschmannschaft des 2ten Löschdistricts im Gebiet der Geestlande. Meißner Hamburg 1874 A.IV.3.b / 046 General-Ordnung des Hamburgischen Löschwesens. Meißner, Hamburg 1859 A.IV.3.b / 048 Gihl, Manfred; Braun, Harry. Feuerwehr im Hafen. Die Geschichte der Hamburger Feuerlöschboote. Kabel, Hamburg 1991 A.XI.03.d / 031