Besonderheiten (3) - Sommer 2022

Unsere Sammlung alter Hamburg-Führer

von Lilja Schopka-Brasch

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In unserer Vereins-Bibliothek findet sich eine umfangreiche Sammlung historischer Reiseführer, die die Entwicklung Hamburgs und seiner Umgebung abbildet, darunter sind Exemplare, die es nur noch in unserer Vereinsbibliothek gibt. Aus dieser Sammlung wurde bereits ein Hamburg-Führer bei unseren „Besonderheiten“ vorgestellt. Nun folgen weitere Informationen zur Sammlung und zu einzelnen Ausgaben.

Die Sammlung umfasst 287 Reiseführerexemplare diverser Ausgaben und Auflagen aus vier Jahrhunderten. Der Sammler Richard Firch erläutert seine Auswahl:

„Unter dem Begriff ‚Hamburg-Führer‘ habe ich alle Stadtbeschreibungen (Topographien) handlichen Formats zusammengefasst, deren Zweck es war, den ‚Einheimischen und Fremden‘ einen Überblick über die Stadt (und deren Umgebung) und über die für die Reisenden interessanten Einrichtungen und Sehenswürdigkeiten zu vermitteln. Sie beschreiben entweder die Stadt (und Umgebung) insgesamt oder auch nur einzelne Stadtteile wie Altona, Harburg und Bergedorf. Einbezogen wurden Veranstaltungsführer mit einer Beschreibung Hamburgs. Hafen- und Wanderführer ohne Stadtbeschreibung sowie Führer, die nur einzelne Institutionen beschreiben, und sogenannte Verkehrsbücher wurden nicht berücksichtigt, desgleichen keine Reisehandbücher, die in einem größeren Zusammenhang auch Hamburg beschreiben wie […] der Baedecker.“

Erschließen lässt sich die Sammlung mittels einer Bibliografie, die Richard Firch auf Grundlage seiner Sammlung sowie umfangreicher Recherchen in weiteren Privatsammlungen und Bibliotheken erstellt hat, chronologisch nach Verlegern geordnet. Hier hat er Stadtführer von 1668 bis 1939 erfasst und Abbildungen zahlreicher Einbände mit aufgenommen. Einleitend gibt er einen Überblick über die Geschichte der Reiseführer und ihrer im 19. Jahrhundert einsetzenden rasanten Entwicklung. Technische Neuerungen im Buchdruck, aber auch Veränderungen im Stadtbild und die zunehmende Zahl Reisender durch den Ausbau der Verkehrsnetze steigerte die Nachfrage nach Reisehandbüchern und machte ihre stetige Aktualisierung notwendig.

© Verein für Hamburgische Geschichte

Nach Richard Firchs Recherchen stammt der älteste Hamburg-Führer aus dem Jahr 1668. Der Autor Kunrat von Hövelen schildert darin zunächst die Geschichte Hamburgs von ihren Anfängen bis ins ausgehende 13. Jahrhundert. Er beschreibt die Stadt und ihre Kirchen, die nähere und weitere Umgebung, kommentiert Kulturelles und Kulinarisches und informiert über Unterbringung und Unterhaltung. Seine Ausführungen untermalt er mit zahlreichen Zitaten früherer Geschichtsschreiber.

© Verein für Hamburgische Geschichte

„Hamburgs Annehmlichkeiten von einem Ausländer beschrieben“ führen uns ins Hamburg des ausgehenden 18. Jahrhunderts. In Briefen schildert der Autor die Anreise per Schiff und auf dem Landweg, beschreibt Spaziergänge in und um Hamburg und erläutert Ess- und Trinkgewohnheiten der Einheimischen. Die erweiterte Neuauflage enthält neben weiteren Spaziergängen 134 Paragrafen mit praktischen Informationen zu Ankunft, Aufenthalt und Abreise mit detaillierten Angaben zu Sitten und Bräuchen, zu Preisen sowie Verhaltensempfehlungen für Ortsfremde, Geschäftsleute wie privat Reisende.

© Verein für Hamburgische Geschichte

Heinrich Meyers „Fremdenführer oder Hamburg und seine Umgebung“ von 1827 erschien wenige Jahre nach dem Ende der Franzosenzeit mit folgender Begründung:

„Die seit Hamburgs Wiedergeburt, sowohl innerhalb seiner Mauern, als außerhalb derselben Stattgehabten mannigfachen und bedeutenden Veränderungen der staatswirthschaftlichen Verhältnisse und örtlichen Beschaffenheit, führten natürlicher Weise auch sehr bald das Verlangen nach einem neuen statistischen und topografischen Handbuche, einem sogenannten Wegweiser für Fremde, herbei.“

Dieser Reiseführer beschreibt die Stadt vor allem anhand von Institutionen, Gebäuden, Vereinen und Gesellschaften sowie Denkmälern. Detailliert beschriebene Spazierrouten erschließen das Umland. Ein umfangreiches Verzeichnis enthält Adressen von Konsulaten, Ärzten, Juristen oder Fremdsprachenlehrern, von Unterkünften, Speiselokalen und Postämtern. Ein Stichwortverzeichnis gibt schnelle Orientierung.

Schon diese kleine Auswahl lässt erkennen, dass die Sammlung Einblicke in städtebauliche, sozialgeschichtliche oder verkehrstechnische Entwicklungen gibt. Seit den 1850er Jahren wurden die Hamburg-Führer auch als Werbeträger genutzt.