Griff in die Geschichte (67) - Oktober 2025
Steinway & Sons – Seit 145 Jahren weltberühmte Konzertflügel in Hamburg
von JR
Tischler, Organist und Instrumentenbauer Heinrich Engelhardt Steinweg (1797-1871) aus dem Harz erfand das weltweit bekannte Musikinstrument, den Steinway-Flügel. In seiner Werkstatt in Seesen entstanden Instrumente von Gitarren über Mandolinen zu Klavieren und Flügeln, die erste Goldmedaille gewann er 1839 anlässlich einer Ausstellung in Braunschweig. 1850 wanderte er mit fast der ganzen Familie in die USA aus und amerikanisierte seinen Namen in Henry E. Steinway.
Nach ersten Schritten im New Yorker Geschäftsleben, begann 1853 mit der Gründung von Steinway & Sons eine beindruckende Erfolgsgeschichte. Bereits zwei Jahre später erhielt die Firma im Rahmen einer Industriemesse in der Stadt den Ersten Preis. Auch auf Ausstellungen in London in 1862, in Paris in 1867 und Philadelphia in 1876 waren Steinway-Instrumente präsent. In der eigenen Fabrik arbeiteten 1858 schon 100 Mitarbeiter, 1860 dann 300 Klavierbauer. Trotz einer sehr großen Konkurrenz war Steinway binnen weniger Jahre der führende Hersteller von Klavieren und Flügeln.
1872 machte eine von Steinway organisierte Tournee des Pianisten Arthur Rubinstein mit mehr als 200 Konzerten die Flügel der Steinways noch mehr bekannt; „There’s nothing like it in the world“, wie er gesagt haben soll.
Nach einer Niederlassung 1875 in London setzte sich die Firma Steinway trotz einigem Gegenwind der deutschen Klavier-Fabrikanten auch in Deutschland fest. Im Oktober 1880 entstand in Hamburg eine Pianoforte-Fabrik in einer ehemaligen Nähmaschinenfabrik mit bald 300 Mitarbeitern, allerdings konnten die gusseisernen Flügelrahmen nicht hier hergestellt werden sondern mussten bis 1906 aus der eigenen Gießerei in New York importiert werden.
1898 wurde Hamburg die Zweigniederlassung der New Yorker AG. 1904 öffnete das Unternehmen Verkaufsräume am Jungfernstieg. Im zweiten Weltkrieg wurde 1943 das Verwaltungsgebäude in der Schanzenstraße durch Bomben zerstört. In Kriegszeiten wurden auch Flugzeugteile, Gewehrkolben und Särge hergestellt. 1945/1946 beschlagnahmte die britische Militärverwaltung für einige Monate Teile des Fabrikgeländes. 1948 konnte die reguläre Produktion von Klavieren und Flügeln wieder aufgenommen werden. 1953 siedelten Verwaltung, Instrumenten- und Musikalienhandlung in die Kolonnaden über.
Heute befinden sich Ausstellungsareal und Fabrik am Rondenbarg in Bahrenfeld, wo seit 1923 die Instrumente von etwa 500 Spezialisten gebaut werden. Ein paar Stichworte umschreiben die Komplexität der Herstellung. Mehr als 12.000 Einzelteile, ein Jahr Bauzeit, Resonanzboden aus nordamerikanischer Fichte, mehrere hundert Kilo schwere Gusseisenrahmen, 230 Stahlsaiten.
Steinway & Sons ist neben New York, Wien, Mailand, Hamburg und weiteren deutschen Städten auch in Tokyo und Shanghai präsent.
Ab 1972 wurde Steinway & Sons mehrfach verkauft; mittlerweile ist das Unternehmen Steinway Musical Instruments Inc., eine Gesellschaft von Musikinstrumentenherstellern, Teil eines Hedgefond-Unternehmens in New York.
Auch zum Film hat das berühmte Piano seinen Weg gefunden. In der 1985er Verfilmung des Romans von Edward Morgan Forster „A room with a view“ / „Zimmer mit Aussicht“ wirft die Kamera einen ganz kurzen Blick auf das Klavier, an dem Miss Honeychurch in der Pension Bertolini für sich eine Beethoven-Sonate spielt; es ist offenbar ein Steinway-Instrument.
Ein Steinway-Piano als Teil der luxuriösen Ausstattung unterstreicht den hohen Einrichtungsstandard einer Penthouse Suite im Claridge’s Hotel in London-Mayfair.
Seit 2021 gibt es am Central Park in New York einen spektakulären Wolkenkratzer namens Steinway Tower; er ist verbunden mit der Steinway Hall, eine 1866 von Steinway errichtete Konzerthalle samt Flügelausstellung, von 1925 bis 2011 Sitz von Steinway & Sons, seit 2016 der moderne Showroom in New York.
Design, Präzision, Perfektion, Sorgfalt der ausführenden Klaviertechniker und herausragende Handwerkskunst resultieren in wunderbarer Klang- und Instrumentenqualität. Hochgeschätzt von den bekanntesten Pianisten der Welt ist kein Konzert mit berühmten Künstlern wie Hélène Grimaud oder Lang Lang ohne einen Steinway-Flügel denkbar.
Veröffentlichungen zum Thema in unserer Bibliothek:
Büttner, Annett: Klaviere und Flügel aus Hamburg. Zur Geschichte der Firma Steinway und Sons, in: ZHG 82 (1996), S. 47-62.
A.I.2.198
Nirrnheim, Hans: Die hamburgischen Musikinstrumente, in: Das Hamburgische Museum für Kunst und Gewerbe. Dargestellt zur Feier des 25jährigen Bestehens von Freunden und Schülern Justus Brinckmanns, Hamburg 1902, S. 163-167.
A.XI.06.117
Schröder, Hans: Die Sammlung alter Musikinstrumente. Museumskatalog des Museums für Hamburgische Geschichte, Hamburg 1930.
A.XI.06. 118
Dittrich, Marie-Agnes: Hamburg. Historische Stationen des Musiklebens mit Informationen für den Besucher heute, Laaber 1990 (Musikstädte der Welt).
A.XI.6 .191