Besonderheiten (6) - Herbst 2023
Historia Ecclesiae Hamburgensis Diplomatica – Die hamburgische Kirchengeschichte von Nicolaus Staphorst von 1723 bis 1729
von J. R.
Unter Signatur A.XII.1a.172 steht in der Vereinsbibliothek ein mehrbändiges Werk, das zum großen Teil in Latein verfasst ist, denn es ist eine Übersicht über die kirchenpolitischen Entwicklungen bis Mitte des 18. Jahrhunderts und ist verfasst von einem Geistlichen der Stadt in den 1720er Jahren.
Nach einem Studium der Theologie in Rostock und Wittenberg, trat Nicolaus Staphorst (August 1679–Juli 1731) 1705 das Amt des Pastors an der St. Johannis-Kirche in Hamburg an. Ab 1720 übernahm er zusätzlich die Aufgaben des Predigers an einer Besserungsanstalt für Frauen.
Neben der ausführlichen Kirchengeschichte publizierte Staphorst einige weitere religions- und geschichtsrelevante Schriften. Doch diese ist seine umfangreichste Veröffentlichung.
Historia Ecclesiae Hamburgensis Diplomatica, das ist Hamburgische Kirchen=Geschichte, aus Glaubwürdigen und mehrentheils noch ungedruckten Urkunden, so wol Kaiserlichen, Königlichen, Fürstlichen, Gräflichen, sc. als auch Päbstlichen, Erz-Bischöflichen, Bischöflichen und andrer beider Geistlicher als Weltlicher Personen respective Gnaden- Freiheits- und Bestätigungs-Briefen, Concessionen, Indulten, Stifftungen, Vermächtnüssen, Verordnungen, Statuten, Verträgen, Contracten, Vergleichungen und andern dergleichen vielfältigen Schrifften, Gesammlet, beschrieben und in Ordnung gebracht“. Hamburg, bei Theodor Christoph Felginern, 1723.
Das Werk ist gewidmet zwei Bürgermeistern und zwei vornehmen Bürgern und Vorstehern des Klosters St. Johannis als Vertreter der weltlichen Obrigkeit. Ihnen gegenüber möchte er `durch diese Zuschrift ein geringes Zeichen meiner unterthänigsten und Dank=begierigsten Erkänntlichkeit öffentlich ablegen.‘
Die beiden Bürgermeister und Juristen (J.U.L. Licentiaten beider Rechte) sind Garlieb Sillem, Bürgermeister ab 1717 bis 1732, außerdem der Schwager von Staphorst, und Hinrich/Henrich Diederich/Dieterich Wiese, Bürgermeister von 1720 bis 1728.
Die Klostervorsteher sind die Ratsherren Jacob Greve, im Amt 1717 bis 1727, und Johann Pell, im Amt 1722 bis 1736.
Die Widmung an seine vier Gönner endet mit diesen Worten: `Ew. Vorachtbare Gunsten begleite unverrückt der Segen des Allerhöchsten/er erhalte Sie bei beständigem Wohlergehen/verlängere Ihre Jahre/und lasse Ihnen so wol/als Ihren beiderseits Vornehmen Häusern niemals an irgend einem Gute ermangeln.‘ Hamburg, d. 14. Sept. 1723.
Staphorsts Kirchengeschichte spannt den Zeitraum 811 bis 1521. Im ersten Teil wird die Entwicklung von Anbeginn bis ins 15. Jahrhundert dargestellt. Der zweite Teil behandelt die Ausbreitung der Reformation in Hamburg von 1521 bis 1531.
Bis 1731 erschienen fünf Bände, vier sind in der Bibliothek. Nach dem Ableben des Verlegers Felginer in 1726 wurde die Historia ab 1727 durch Felginers Witwe veröffentlicht.
Da durch Feuer und Kirche viele Dokumente und Urkunden der Stadt vernichtet wurden, ist Staphorsts Sammlung wertvoll als Quellenmaterial für die Forschung. Wie frühere Herausgeber von Chroniken weltlicher oder kirchlicher Art sich um Originalquellen bemüht hatten, benutzt auch Staphorst Informationen, wo immer er sie finden kann: `Unter denen ungedruckten Schrifften habe ich beim Adamo Tratziger in seiner Hamburgischen Chronick nachgeforschet.‘ (Vorrede) Hier bezieht er sich auf die von Dr. Adam Tratziger im Jahre 1557 veröffentliche Geschichte der Stadt Hamburg (siehe Essay hierzu unter Nr. 5 der `Besonderheiten‘).
Am Ende des Bandes findet sich eine 5-seitige Aufstellung der Urkunden, welche beigelegt wurden, ebenso ein vielseitiges detailliertes Register. Auf über 30 Seiten werden Anmerkungen, Erläuterungen und Zusätze aufgeführt, ebenfalls sind Druckfehler aufgelistet und eine Information an den Buchbinder ist angefügt.
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In der Bibliothek als Ergänzung sind folgende Signaturen zu finden:
Georg Daur, Von Predigern und Bürgern. Eine hamburgische Kirchengeschichte von der Reformation bis zu Gegenwart. Agentur des Rauhen Hauses, Hamburg 1970.
A.XII.1.a.29
Wilhelm Jansen, Die hamburgischen Kirchen und ihre Geistlichen seit der Reformation. Verlag J.J. Augustin, Hamburg 1958.
A.XII.1.a.77
Matthias Gretzschel, Kirchen in Hamburg. Geschichte – Architektur – Angebote. Hamburger Abendblatt, Hamburg 2000.
A.XII.3.101
Kloster St. Johannis. 1236 – 1536 – 1986. 450 Jahre Kloster St. Johannis. Einblick in die Geschichte. Hamburg 1986.
A.XII.3.103
Veronika Janssen, St. Johannis zu Eppendorf. Eine Hamburger Dorfkirche vom Mittelalter bis heute. Solivagus Praeteritum, Hamburg 2018.
A.XII.3.220