Griff in die Geschichte

Vor 300 Jahren kam ein herausragender Komponist des Barock nach Hamburg: Georg Philipp Telemann

von J. R.

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Im Sommer 1721 entschied sich der Rat der Stadt Hamburg, einer bekannten Persönlichkeit des Musiklebens eine wichtige Position anzubieten: Georg Philipp Telemann (1681–1767), Multitalent und Workaholic.

Bereits mit 10 Jahren zeigte sich seine außergewöhnliche Begabung, die erste Oper komponierte er mit 12. Im Laufe seines Lebens schuf er Tausende musikalischer Werke, oft neben seinen beruflichen Verpflichtungen.

Telemann wurde 1702 zum Musikdirektor der Universitätskirche in Leipzig ernannt, wo er ein Jurastudium begonnen hatte und gleichzeitig ein Orchester gründete. 1708 bis 1711 war er in Eisenach als Konzertmeister des dortigen herzoglichen Hofes. Als Ausdruck seiner Wertschätzung ernannte ihn der Herzog zum Sekretär. 1712 bis 1721 war Telemann Musikdirektor in Frankfurt und Kapellmeister an zwei Kirchen der Stadt.

1721 kam Telemann nach Hamburg als Kantor der Gelehrtenschule und Künstlerischer Leiter der fünf Hauptkirchen bis 1767. Von 1722 bis 1738 war er Leiter der Oper am Gänsemarkt, eines der größten Theaterhäuser seiner Zeit. Zum 100jährigen Bestehen der Hafenbehörde wurde im April 1723 seine Komposition `Hamburger Admiralitätsmusik‘ zusammen mit seiner Suite `Wassermusik‘ aufgeführt.

Ein monatelanger Aufenthalt in Paris 1737 bis 1738 mit Auftritten vor Königspaar und Hofgesellschaft verhalf ihm zu weiterer, internationaler Anerkennung.

Georg Philip Telemann hinterließ ein musikalisches Werk großen Umfangs, immenser Bedeutung und enormer Vielfältigkeit. Einen guten Teil veröffentlichte er selbst, zahlreiche Druckerplatten dazu fertigte er eigenhändig, zu seinen Vokalwerken dichtete er die passenden Texte, gelegentlich sang er zu seiner Komposition. Außerdem verfasste er mehrere Autobiographien und publizierte ab 1728 die erste deutsche Musikzeitung

Telemann war vielseitig: er beherrschte etwa ein Dutzend Musikinstrumente von Flöte und Violine über Posaune zu Klavier und Orgel. Seine musikalische Begabung und Schaffenskraft äußerte sich insbesondere in einer schier unendlichen Anzahl an Kompositionen für weltliche und kirchliche Anlässe.

Er schrieb mehr als 3.600 Musikwerke, nur einige seien genannt: Opern (mindestens 45 allein in Hamburg), Orchestersuiten (etwa 1.000), Sonaten, Orgelmusik, Ouvertüren, Messen (15 davon), Kantaten (über 1700), Passionen (etwa 46), Klavierstücke, Konzerte für Soloinstrumente (e.g. Orgel, Cembalo, Klavier, Querflöte), geistliche und weltliche Vokalstücke.

Zwar war Telemann zu seinen Lebzeiten berühmt, bewundert und geehrt, doch schon gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurden seine Werke kritisiert als `schnell hingeworfen‘ oder als `Fabrikware‘ bezeichnet. Später wurde ihm jegliches Talent abgesprochen. Erst im 20. Jahrhundert begann man, an die Bedeutung dieses großen Komponisten zu erinnern. Gleichsam um frühere Diffamierungen wettzumachen, wurde 1990 ein Asteroid nach ihm benannt.

Seit 1958 sorgt die Hamburger Telemann-Gesellschaft mit zahlreichen Veranstaltungen und seit 2011 mit einem Museum dafür, dass dieser bemerkenswerte Komponist der europäischen Musikgeschichte wieder gewürdigt wird.

Die Bibliothek bietet zahlreiche Titel zu Telemann, hier eine kleine Auswahl:

Eckart Kleßmann, Telemann in Hamburg 1721–1767. Hoffmann und Campe, Hamburg 1980

A.XI.06 / 050


Werner Menke, Georg Philipp Telemann. Leben, Werk und Umwelt in Bilddokumenten. Florian Noetzel, Wilhelmshaven 1987

A.XI.06 / 051


Hamburgische Staatsoper, Museum für Hamburgische Geschichte, Vereins- und Westbank (Hrsg.), 300 Jahre Oper in Hamburg 1678-1978. Christians, Hamburg 1977

A.XI.06 / 077

Gisela Jaacks, Musikleben in Hamburg zur Barockzeit. Museum für Hamburgische Geschichte, Hamburg 1978

A.XI.06 / 078


Karl Grebe, Georg Philipp Telemann in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Rowohlt, Reinbek 1970

A.XI.06 / 153


Jürgen Neubacher, Georg Philipp Telemanns Hamburger Kirchenmusik und Ihre Aufführungsbedingungen (1721-1767). Organisationsstrukturen, Musiker, Besetzungspraktiken. Georg Olms, Hildesheim 2009

A.XI.06 / 154


Hans Grosse, Hans Rudolf Jung, Georg Philipp Telemann. Briefwechsel. o.V., Leipzig 1972

A.XI.06 / 182